Branchenspiegel Gebäudereiniger – Stimmung und Lage im August 2024
Zwei aktuelle Befragungen bei Gebäudereinigungsdiensten zeichnen ein aktuelles Lage- und Stimmungsbild bei den wichtigsten Themen. Im Fokus stehen Umsatzentwicklung, Personalmangel, aber auch KI und Robotik. Im Unterschied zur allgemeinen Wirtschaftslage weisen die Umsätze bei den Gebäudediensten ein Plus aus. Einerseits blickt man positiv in die nähere Zukunft, andererseits hemmen aktuelle Probleme die Entwicklung.
Die jährliche Umfrage des Verbandsblatts „rationell reinigen“ – der sogenannte Branchenspiegel - erscheint jeweils im Sommer und erreicht diesmal 98 Firmen zwischen 100 und 30.000 Beschäftigten. Noch kleinere Unternehmen sind nicht berücksichtigt. Die Veröffentlichung ist aktuell, die Datenerhebung fand aber schon bis Herbst 2023 statt. Ergänzend ziehen wir den vierteljährlichen Konjunktur-Index von Lünedonk heran, der auf rund 33 befragten Firmen basiert. Er liefert taufrische Werte bis Juli 2024.
Positives Umsatzwachstum 2023 bis 2024
Ein durchschnittliches Umsatzplus von 10,7 Prozent ermittelte der Branchenspiegel für 2023. Von den 98 Firmen erreichten 90 ein Plus, nur 8 ein (kleines) Minus. Die Schwankungsbreite ist jedoch beachtlich. Zwischen rund 1% bis über 28 % oszillierte das Umsatzwachstum zwischen den Firmen. Tendenziell wuchsen kleinere Firmen etwas geringer, mittlere bis größere Firmen stärker. Auch der Lünedonk-Index weist für 2023 fast identische Werte aus. Aktuell, für das letzte Quartal bis Juli 2024 jedoch nur 6,1 Prozent Wachstum gegenüber Vorjahr. Immerhin. In der Wachstumsprognose bis September 2024 legten sich die Befragten auf 4,8 Prozent fest. Gemessen an der aktuellen Stagnation der Wirtschaft im Allgemeinen ein erfreuliches Ergebnis. Doch es wachsen Hindernisse für die weitere Entwicklung.
Zu wenig Personal und Azubis in der Gebäudereinigung
Das Thema brennt auf den Nägeln. Ein Viertel der Firmen müssen Aufträge wegen Personalmangels ablehnen, obwohl der Personalstand in 2023 um 2 Prozent stieg. Dabei stieg auch der Anteil der Minijobber leicht, von 36 auf 39,4 Prozent. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit blieb mit knapp 20 Stunden stabil. Die Mehrheit der Unternehmen (60,6 Prozent) hält die Personalsituation für schwierig, aber noch beherrschbar. Der Lünedonk-Index weist leicht abweichende Zahlen aus. Für Mitte 2023 ein Personalwachstum von durchschnittlich 5,7 Prozent, für das aktuelle Vergleichsquartal 2024 2,1 Prozent. Die Zuwächse an Personal hinken aber offensichtlich der wachsenden Auftragslage hinterher. Gegenüber 2023 hat sich das Thema Personalmangel noch verschärft. Während Personalmangel Mitte 2023 mit 87 Prozent als größtes Problem genannt wird , sind es jetzt sogar 89 Prozent, so der Lünedonk Konjunktur-Index.
Noch eklatanter sieht es beim Nachwuchs aus. Die Zahl der Azubis sank in den letzten Jahren kontinuierlich. Der Branchenspiegel betrachtet die Top-20-Ausbilder. Hier ermittelte man einen Rückgang von 494 Azubis in 2020 auf 349 in 2023. Im letzten Jahr ein Rückgang um 17 Prozent.
Um neues Personal zu gewinnen setzen Firmen verstärkt auf Aktivitäten in Social Media und digitales Recruiting. Beides gehört jedoch in qualifizierte Hände, sprich professionelle Dienstleister.
Entschärfen Robotik und KI Personalmangel?
Bei der interessanten Frage, inwieweit Robotik und KI Personalprobleme entschärfen können, reagiert die Mehrzahl der Dienstleister skeptisch. Die Anzahl der Antworten auf die Frage nach Hemmnissen für Reinigungsroboter fiel auch geringer aus und muss daher nicht repräsentativ sein für die Branche. 31,9 Prozent sehen den Robotik-Einsatz nur für große Flächen, für 32,9 Prozent fehlt es an gebäudetechnischen Voraussetzungen und 29,7 Prozent ist die Technik und der Einsatz noch zu teuer. Dass so ein Reinigungsroboter für das Personal zu kompliziert in der Bedienung sein könnte, glauben nur 1,1 Prozent und technische Schwächen geben auch nur 4,4 Prozent als Hemmnis an. Das spricht für die Geräte. Insgesamt sehen 62 Prozent derzeit noch keine Entlastung durch Reinigungsroboter beim Arbeitskräftemangel, wohingegen 21,7 Prozent überzeugt sind, dass die Geräte sehr wohl eine Entlastung bieten können. Je größer das Unternehmen, umso positiver die Einstellung gegenüber Robotik und KI. Nicht verwunderlich, da kleinere Firmen vielleicht mehr kleinteilige Büroräume zu betreuen haben und weniger flächenstarke Großunternehmen.
Zumindest ab mittlerer Betriebsgröße bzw. Umsatz kann künstliche Intelligenz (KI) für Entlastung und Einsparung sorgen. Kleines, aber feines Beispiel ist der digitale Sanitärraumzettel.
Insgesamt sind 66,3 Prozent, der für den Branchenspiegel befragten Unternehmen, der Ansicht, dass KI in der Gebäudereinigung oder zumindest bei der Verwaltung Prozesse optimieren kann. 25 Prozent halten die Technik für vielversprechend, aber noch zu unsicher. Nur 6,5 Prozent meinen, die KI-Hype sei maßlos überschätzt. Weniger optimistisch klingt es beim aktuellen Lünedonk-Index: Hier wird von allen befragten Unternehmen KI als zweithäufigster Problemkreis (nach Personalmangel) genannt. Diese vom Branchenspiegel ermittelten Auffassungen verraten aber nichts über den tatsächlichen Einsatz der modernen Technologie. Noch eilt die technologische Fantasie der Anwendungspraxis weit voraus. Automatisierte Routenplanung von Reinigungsrobotern spart Ressourcen, weil unnötige Touren vermieden werden. Selbständiges Erkennen wann ein Wartungsservice ansteht oder Filter getauscht werden müssen sind einfache Beispiele. Komplexer wird es bei KI-gestützten Bilderkennungssystemen, die Verschmutzungen oder Beschädigungen automatisch identifizieren und das Reinigungsteam darüber zu informieren. Solche Systeme gibt es bereits, sie rechnen sich aber wohl nur für große, breit aufgestellte Unternehmen.
Aktuelle Nachhaltigkeit in der Gebäudereinigung
Über Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz musste man sich in der Gebäudereinigung früher wenig Gedanken machen, das hat sich geändert. Laut Umweltbundesamt werden in Deutschland pro Jahr ca. 319.000 Tonnen Reinigungs- und Pflegemittel (z. B. Allzweck-, Sanitär-, Glas-, Küchenreiniger) verwendet. Die Zahlen fassen den Verbrauch von Privathaushalten und Reinigungsfirmen zusammen, sind aber schon etwas älter und dürften eher gestiegen sein. Die Umweltbelastung durch Schadstoffe ist also erheblich. Klimaschonende Reinigungs- und Verbrauchsmittel sowie deren Recycling sind aber nur ein Thema und zwar das am einfachsten umzusetzende. In der Gesamtbetrachtung spielt u.a. auch nachhaltige Mobilität eine Rolle, sprich E-Mobilität.
Der Branchenspiegel ermittelte, dass mit der Unternehmensgröße die positive Haltung gegenüber E-Fahrzeugen zunimmt. „69,2 Prozent der Betriebe haben bereits Testfahrzeuge im Einsatz, 25,8 Prozent will mittelfristig den größten Teil der Flotte umstellen. Der Anteil der Unternehmen, für die E-Mobilität keine Rolle spielt, ist von 17,4 Prozent im vergangenen Jahr auf aktuell 14 Prozent gesunken.“ Nicht für alle Kunden dürfte Nachhaltigkeit des Reinigungsdienstleisters eine Rolle spielen. Geschaut wird auf den Preis. Klimaschutz nimmt man erfahrungsgemäß gerne mit, solange er die Sache nicht verteuert.
Wie also gehen die Reinigungsunternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit um, fragte der Branchenspiegel. 57,8 Prozent gaben an, das Thema aktiv anzugehen und im Unternehmen bereits Stellen geschaffen zu haben, die sich explizit darum kümmern.
32,2 Prozent kennen zwar die Herausforderungen, wissen aber noch nicht, was im Detail ansteht und wie man damit umgehen soll.
10 Prozent gaben zu, dass der Zusatzaufwand schwer zu stemmen sei, eine enorme zusätzliche Belastung darstelle und daher zunächst abgewartet wird. Auch diese Zahlen müssen nicht repräsentativ sein, da hier nur eine kleinere Anzahl der Unternehmen antwortete.
Leistungsverzeichnis oder bedarfsorientierte Vergabemodelle?
Reinigungsaufträge nach Leistungsverzeichnis sind bekannt und vielfach üblich. Nachteil: Es wird auch gereinigt, wenn kaum genutzte Räume sauber sind. Bei einer bedarfs- oder ergebnisorientierten Auftragsvergabe wird detailliert vereinbart, zu welchem Zeitpunkt (Turnus) welches Ergebnis an welchem Ort oder Gegenstand erwartet wird. Somit entscheidet der Dienstleister wie, wann und wo er reinigt, damit das erwartete Ergebnis erreicht wird. Das ist zwar flexibler, erfordert aber einen geschulten Blick und Fachwissen. Der Branchenspiegel fragte die Firmen nach dem Anteil von starren Leistungsverzeichnissen und bedarfsorientierten Vergabemodellen.
Bei 44,8 Prozent sind Vergaben nach Leistungsverzeichnissen die Regel. Bei 49,5 Prozent gibt es zwar Ansätze in Richtung einer bedarfsorientierten Vergabe, sie sind aber noch die Ausnahme. Nur 5,6 Prozent der Unternehmen schließen bei Neuausschreibungen mehrheitlich bedarfs- oder konzeptorientierte Verträge ab. Im Großen und Ganzen überwiegen Vergaben nach Leistungsverzeichnis noch immer deutlich.
Ferner ermittelte der Branchenspiegel, dass die Reinigungsintervalle bei 75 Prozent der Firmen stabil blieben. 22 Prozent meldeten eine Verringerung der Intervalle, 3 Prozent eine Erhöhung.
Positiver Blick auf das Geschäftsjahr 2024
Bei der Prognose von 2023 auf dieses Jahr zeigten sich die Dienstleister überwiegend positiv gestimmt. 80 Prozent blickten eher zuversichtlich auf das Geschäftsjahr 2024, 10 Prozent sehr zuversichtlich, nur 10 Prozent waren nicht zuversichtlich. Ein Quercheck mit dem aktuellen Lünedonk Konjunktur-Index bestätigt das in etwa, er gibt aber noch genauere Zahlenwerte an. Im Vergleich zum Vorjahresquartal erwarten die Unternehmen bis September 2024 einen Zuwachs von 4,8 Prozent. Generell waren die Zuwächse in 2023 höher, oft um 9 Prozent. Doch angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage wäre es übertrieben, hier von einem Einbruch der Zahlen zu sprechen. So Fragt sich also, was sind derzeit die größten Hemmnisse?
Was sind die größten Probleme der Gebäudedienstleister?
Der Lünedonk-Index fragte auch nach den Hauptproblemen bzw. den größten Herausforderungen für die Unternehmen. Ein Dutzend Themen schälten sich heraus, auf Platz 1 der erwähnte Personalmangel (89 Prozent). Auf Platz 2 kommt die Digitalisierung (42 Prozent) und schon Platz 3 erobert sich „Politik und Bürokratie“ (28 Prozent). Bezeichnenderweise werden diese beiden Wörter ja seit einiger Zeit immer im Doppelpack genannt. Auch interessant - der vielfach gescholtene Mindestlohn (und seine Erhöhung) landet auf dem zweitletzten Platz 11 (8 Prozent) der wichtigsten Herausforderungen. Klappern gehört zum Handwerk.
Wer sich für die komplette Statistik interessiert, findet den Lünedonk Konjunktur-Index hier. In Kürze bietet auch „rationell reinigen“ einen Download des Branchenspiegels 2024 an.
Text: hjk
Bildquelle: Leonardo.ai,
Bildmontage: hjk