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Hygiene in Behinderteneinrichtungen – ein blinder Fleck?

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Während Krankenhäuser und Pflegeheime strengen Hygienevorgaben folgen müssen, tut sich bei Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung eine riskante Lücke auf. Auf dieses Defizit weist Stefanie Veltkamp, Sachverständige zur Hygiene im Gesundheitswesen, in einem Vortag hin. Hier ihr Plädoyer für einrichtungsspezifische Hygienestandards dort, wo sie fehlen.

 


Die Hygieneanforderungen in Gesundheitseinrichtungen sind hoch, zu Recht. Denn dort, wo Menschen miteinander leben, arbeiten, betreut oder gepflegt werden, ist hygienische Sicherheit unverzichtbarer Bestandteil des Alltags. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Reha-Zentren unterliegen einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen. Für die tägliche Reinigung dieser sensiblen Bereiche existieren klare Standards: Wer wann was womit und in welcher Reihenfolge reinigt, ist genau definiert. Doch für Einrichtungen der Behindertenhilfe gilt all das in vielen Fällen nur sehr eingeschränkt. Darin liegt ein gefährliches Defizit.


Hygiene nur am Rande erwähnt


Einrichtungen, in denen Menschen mit geistiger, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung leben, werden in den gängigen Empfehlungen zur Infektionsprävention nur am Rande erwähnt oder gar explizit ausgeklammert. Zentrale Hygieneregelwerke wie das Infektionsschutzgesetzt (35 IFSG), Empfehlungen der KRINKO (oder die DIN 13063 für Krankenhausreinigung), als maßgeblicher Standard gemäß Infektionsschutzgesetz und für Gesundheitsämter, schließt Einrichtungen der Eingliederungshilfe in einer Schrift sogar explizit aus. Als Bundesrecht schreibt das IFSG Hygienevorgaben nur sehr allgemein gefasst vor. Die konkrete Umsetzung wird von den Ländern geregelt.


Bundesrecht und Landesrecht – was regelt die Hygiene?


Hier bezieht sich Stefanie Veltkamp vor allem auf das Wohn- und Teilhabegesetz NRW (WTG). Generell regelt das das WTG je nach Bundesland die Standards für Wohn- und Betreuungsangebote für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige. In NRW sieht es zwar die Beschäftigung einer ausgebildeten hauswirtschaftlichen Fachkraft vor, formuliert jedoch keinerlei konkrete Hygienestandards für Reinigungstätigkeiten. In der Praxis bedeutet das, es existiert kein konsistenter Rahmen, keine verpflichtenden Richtlinien und kein systematischer Qualitätsanspruch für den hygienischen Alltag in diesen Einrichtungen. Was im Krankenhaus und anderen Einrichtungen streng geregelt ist, wird hier oft sich selbst überlassen.

 

In der Praxis: Putzen nach „Hausfrauenart“

 

Diese Lücke bleibt nicht ohne Folgen. In diesen Einrichtungen wird Reinigung oft nicht als strukturierter Hygienebeitrag verstanden, sondern reduziert auf sichtbare Sauberkeit. Statt fundierter Reinigung nach anerkannten Standards dominiert ein „Putzen nach Hausfrauenart“, eine Praxis, die weder effizient noch gesundheitlich unbedenklich ist. Stefanie Veltkamp konstatiert: Meine Beobachtungen als zertifizierte Sachverständige im Gesundheitswesen zeigen in der Praxis eine planlose Reinigung, ohne eine Sensibilisierung für die Reihenfolge der Arbeitsschritte, ohne Bewusstsein für Kreuzkontaminationen, ohne Reinigungstechnik und auch ohne Bewusstsein für den Eigenschutz. Aber auch im Umgang mit und der Ausstattung mit Arbeitsmaterialen zeigen sich ein fehlendes Bewusstsein und fehlende Schulungen. Unordentliche und verschmutzte Reinigungswagen und veraltetes, abgenutztes Equipment sprechen nicht für professionelle Reinigung und Verantwortungsbewusstsein.

 

Behördliche Begehungen mit lapidarer Prüfung


Auch behördliche Begehungen zeigen, dass allen Beteiligten eine klare Strukturvorgabe für die Bewertung und Einordnung der Reinigungsqualität fehlt. So gibt es Begehungsberichte, die lediglich aus dem Satz „Die Einrichtung befand sich in einem sehr ordentlichen und sauberen Zustand. Es wurden keine Mängel festgestellt“ bestehen, ohne Bewertungskriterien, anhand dessen dies ausgemacht wurde. Ganz davon abgesehen, wie es in der Realität dann in diesen Einrichtungen tatsächlich aussieht.


Warum eine gute Hygiene so wichtig ist


Studien zeigen, dass Mikroorganismen und Viren auf Oberflächen Tage bis Monate überleben können, je nach Material, Umgebung und organischen Rückständen. Reinigung hat die Aufgabe, solche Mikroorganismen und Viren gezielt zu entfernen – fachgerecht und wirksam. Dafür braucht es keine sterilen Bedingungen, aber verlässliche Standards. Diese fehlen in vielen Einrichtungen. Die Reinigung sollte hier nicht nur eine unterstützende Dienstleistung, sondern ein integraler Bestandteil der Versorgung sein. Sie schützt vor vermeidbaren Krankheiten, sichert den Alltag der Bewohner sowie Beschäftigten und schafft Vertrauen in das System. Dennoch fehlt es vielerorts an fachlicher Unterstützung, an systematischer Schulung, an Kontrolle und nicht zuletzt an gesellschaftlicher Wahrnehmung dieses Problems.


Was in Zukunft geschehen muss


Die Zukunft der Reinigung in Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung muss anders aussehen. Sie braucht klare, verbindliche Hygienestandards, die auf die Besonderheiten dieser Einrichtungen zugeschnitten sind. Es genügt nicht, Krankenhausstandards zu übertragen – vielmehr braucht es eigene, praxistaugliche Konzepte, die realistisch umsetzbar sind und gleichzeitig die hygienische Sicherheit gewährleisten.


Qualifiziertes Reinigungspersonal als Voraussetzung

 

Ebenso wichtig ist die Qualifizierung des Reinigungspersonals: Wer täglich mit Menschen in Betreuungssituationen arbeitet, braucht Fachwissen, Verantwortung und Rückhalt. Auch die Gesundheitsämter müssen besser Vorgeben bekommen, auf die sie sich beziehen können, um auf die speziellen Bedingungen der Eingliederungshilfe eingehen zu können. Noch wichtiger ist jedoch ein Bewusstseinswandel: Reinigung in diesen Einrichtungen darf nicht länger als Nebensache betrachtet werden, sondern muss als zentraler Teil des Betreuungs- und Schutzauftrags verstanden werden.

 

Positivbeispiel Bayern

 

Etwas besser sieht es dagegen in Bayern aus. Das Bayerische Ausführungsgesetz zum Infektionsschutzgesetz (BayIfSGAG) konkretisiert die Pflichten. Hier müssen Einrichtungen Hygienepläne vorlegen, Gesundheitsämter überwachen. Meist sind Fachkräfte für Pflege/Gesundheit mit Hygieneschulung notwendig, Gesundheitsämter können Nachweise verlangen. Bayern regelt Infektionsschutz detaillierter und enger am IfSG. Kurz: Hier ist man strenger, mit klaren Hygieneplänen und einer stärkeren Rolle der Gesundheitsämter.


Fazit:
Hygiene ist kein Bonus, sie ist Voraussetzung für ein Miteinander. Wer Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung ernst nimmt, muss auch deren hygienische Versorgung ernst nehmen. Notwendig ist eine fundierte Hygienekultur, die schützt und Professionalität stärkt.


Text und Fotos: Stefanie Veltkamp, Redaktion: Heinz-Jürgen Kruppa

 

Stefanie Velltamp ist Sachverständige zur Hygiene im Gesundheitswesen. Ihr Unternehmen hygiene-veltkamp.de bietet u.a. Beratungen und Schulungen im Gesundheitsbereich und für Institutionen und Unternehmen an.

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